Benni brüllt

 

Sommer-Blogreihe “Sommerzeit - (Vor-)Lesezeit Teil 6

 

Benni ist der jüngste und kleinste in seiner Familie. Meistens ist das kein Problem, aber da gibt es jene Momente, wo alle schneller sind, weil sie längere Beine haben. Oder wo alle anderen auf die Riesen-Rutsche dürfen, und nur Benni noch zu klein ist.

Als sich eines Tages diese Ereignisse häuften und Benni am Ende nicht mal ein Eis bekam, weil er eben der letzte in der Reihe war, da wurde Benni wütend! So wütend, dass er sich in einen Tiger verwandelte. In einen richtig bösen brüllenden Tiger! In einen Tiger, der alles erreichen konnte, weil alle Angst vor ihm hatten. Der Tiger machte alles, was Benni nicht konnte, er rutschte sogar die Riesen-Rutschbahn hinunter, weil niemand sich traute «nein» zu sagen.

Irgendwann merkte der Tiger aber, dass es nicht nur Vorteile hat, wenn man ein Tiger ist und alle Angst vor einem haben. Denn man ist dann plötzlich auch viel allein. Dies machte den Tiger traurig, und da war er gar nicht mehr so wütend. Und so wurde aus dem Tiger wieder Benni, der gerne bei seiner Familie war.

Ein knallgrünes Buch über Wut. Das schöne an diesem Buch finde ich die Tatsache, dass nach der Wut und Aggression auch die Trauer zur Sprache kommt. Und die Trauer ist es schlussendlich auch, die aus dem Tiger wieder den Jungen Benni macht.

Ob man nun der oder die kleinste in der Familie ist oder nicht, Gründe, um frustriert zu sein, haben alle Kinder. Und manchmal, wenn man so richtig frustriert ist, weil etwas nicht funktioniert, und man es auch nicht verändern kann, schwappt die Frustration über in Aggression. Dann werden aus kleinen Jungs und Mädchen eben solche Tiger, die brüllen und fauchen. Wer kennt sie nicht?

Brüllen und fauchen, also Dampf ablassen, das tut gut, und muss manchmal auch sein. Wichtig ist aber eben auch das, was im Buch danach kommt: echte Trauer und vielleicht auch Tränen. Denn in dieser Trauer über das, was nicht verändert werden kann, liegt Wachstum und Reife verborgen. Mehr zu diesem Thema findest du hier.

In Bennis Fall war das, was er nicht verändern konnte, seine Körpergrösse. Und in der Geschichte ging die Reifung sehr schnell vonstatten: «Und ohne es zu merken, war Benni wieder ein Junge geworden. Das war das letzte Mal, dass Benni sich in einen Tiger verwandelte. Auch wenn er hin und wieder… ein bisschen knurrte!»

Ach, wenn es doch immer so schnell ginge… 😉

Angela Indermaur