"Als Hitler das rosa Kaninchen stahl"
Kürzlich habe ich mit meiner Tochter den Film «Als Hitler das rosa Kaninchen stahl» angeschaut. (sehr zu empfehlen!)
Es geht darin um eine jüdische Familie, die 1933 aus Deutschland floh und auf ihrer Flucht in der Schweiz, in Paris und schlussendlich in London lebte. Die in Deutschland wohlhabende Familie musste plötzlich mit sehr wenig Platz zum Leben und sehr wenig Geld auskommen. Die beiden Kinder, Anna und Max, mussten 2 (oder sind es mit «schwiizerdütsch» 3?) Fremdsprachen lernen und sich immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen.
Eine Szene blieb mir besonders in Erinnerung: Der 12-jährige Max steht am Anfang seiner Pubertät der grossen Herausforderung gegenüber sich mitten in Paris zurecht finden zu müssen. Er besucht die Schule, wo er Anfangs kaum ein Wort versteht und aufgrund der ärmlichen Verhältnisse, in denen seine Familie lebt, auch immer wieder auffällt.
Eines Tages kommt er von der Schule nachhause und stellt fest, dass in der Küche, wo er seine Hausaufgaben machen sollte, schon wieder die Glühbirne kaputt ist und er somit kaum Licht hat. Als er dann erstmal etwas essen will und in den fast leeren Kühlschrank blickt, nimmt die Frustration überhand und er macht seinem Ärger lautstark und nicht gerade freundlich Luft.
Der Vater betritt den Raum und ich rechnete damit, dass er seinen Sohn in die Schranken verweisen würde und ihm klar machen würde, wie schwierig die Situation für alle ist und er sich gefälligst benehmen soll. Hoffentlich fasst er ihn nicht zu hart an, dachte ich noch für mich. Doch davon ist keine Rede. Der Vater fordert sein Sohn lediglich auf, mit ihm einen kleinen Spaziergang zu machen. Unterwegs kauft er dem hungrigen Teenager an einem Stand etwas Leckeres zu Essen. Max ist es sehr wohl bewusst, dass man aus dem Geld eigentlich eine Glühbirne hätte kaufen müssen, umso mehr ist er überrascht von der Handlung des Vaters. In der Folge entsteht ein gutes und langes Gespräch zwischen Vater und Sohn.
Der Vater zeigt Verständnis für die schwierige und frustrierende Situation von Max. Und statt ihn mit Vorwürfen zu überhäufen oder ihn mit seinem nicht angemessenen Verhalten zu konfrontieren, sorgt er erst einmal dafür, dass der Zuckerspiegel wieder eine vernünftige Höhe erreicht. Damit ist der Grundstein für ein konstruktives Gespräch gelegt. Und mehr noch, in den kommenden Wochen und Monaten kann sich der Vater der Loyalität seines Sohnes gewiss sein.
Denn obwohl er die Steine nicht aus dessen Lebensweg räumen kann, können die beiden nun Seite an Seite die Schwierigkeiten meistern.
Ich finde, dieser Vater ist ein Held! Und ich habe einiges aus dieser Story für mich mitgenommen. Du auch?
In Gesprächen mit Eltern stelle ich immer wieder fest, dass gerade die Anfangsphase der Pubertät ihrer Kinder sie vor manche Herausforderungen stellt. Und mir ging es damals nicht viel anders. Geholfen hat mir das Wissen und die Einsichten aus dem bindungsbasierten Entwicklungsansatz. Und ich freue mich, den genialen Kurs «Teenager verstehen» in diesem Frühling zusammen mit Simona Zäh, ein weiteres Mal geben zu dürfen. Bist du dabei?