Die Macht über die Fernbedienung - Geschwistergeflüster Teil 3

Im heftigen Streit unserer Kinder, wegen dem wir in der Notaufnahme des Krankenhauses landeten, ging es nicht etwa um etwas lebenswichtiges. Wie so oft war der Grund aus unserer Sicht etwas Banales, nämlich die Frage, wer beim Film schauen die Fernbedienung halten darf.

Aus Sicht der Kinder war das aber gar nicht banal, denn wer die Macht über die Fernbedienung hatte, konnte die Lautstärke regeln und «Pause» oder «Stopp» drücken. So drückte zum Beispiel das eine Kind immer gleich «Stopp», wenn die Geschichte zu Ende war, während das andere Kind unbedingt auch noch den Abspann schauen und die Musik dazu hören wollte.

Wir versuchten es mit abwechseln und teilen. Beides artete aber regelmässig in Streit aus. Und so kam ich eines Tages auf die Idee, diesen und ähnliche Konfliktpunkte mit folgender Regel zu lösen:

Das älteste anwesende Kind (aus unserer Familie) darf die Fernbedienung halten. Oder auch das älteste anwesende Kind aus unserer Familie darf im Auto vorne sitzen, wenn mein Mann oder ich allein mit den Kindern unterwegs sind und so weiter. Diese Regel lässt sich beliebig ausbauen.

Natürlich kann man nun sagen, das sei nicht fair, die jüngeren Kinder würden so zu kurz kommen.

Ich denke, zum einen sind ja nicht immer alle Kinder überall dabei und so kommt durchaus auch mal eines der jüngeren Kinder zum Zug. Ausserdem habe ich beobachtet, dass das ältere Kind dadurch, dass es in seiner Position nicht mehr bedroht wird, und sie nicht mehr verteidigen muss, tatsächlich auch ab und zu bereit ist, den Platz freiwillig einem jüngeren Geschwister zu überlassen.

boy-1846236_1280 - Kopie.jpg

Und zu guter Letzt, unsere Erstgeborenen müssen naturgemäss oft zurückstecken, weil die Bedürfnisse des kleineren Geschwisters sich weniger gut aufschieben lassen, und wir erwarten ja auch da und dort, dass sie Verantwortung übernehmen. Da dürfen sie auch gewisse Vorteile haben, Rechte und Pflichten eben. 

Bei uns hat diese Sicht viel Ruhe in die Familie gebracht. Manchmal muss ich grinsen, wenn ich merke, dass diese Regeln so in Fleisch und Blut übergegangen sind, dass sie von den nun (teils) erwachsenen Kindern noch selbstverständlich angewendet werden.

 

 

 

 

 

 

Angela Indermaur