"Das ist so gemein!" - Geschwistergeflüster Teil 4

«Das ist unfair» oder «Das ist so gemein!» Mit solchen oder ähnlichen Vorwürfen werden Eltern von mehreren Kindern früher oder später meistens konfrontiert.  «Warum hast du sein Lieblingsessen gekocht und nicht meines?» jammert das Kind, das meint, zu kurz zu kommen.

Als Eltern bemühen wir uns um Gerechtigkeit, das ist klar. Doch was ist eigentlich Gerechtigkeit? Irgendwie ist mir das weniger klar, je mehr ich darüber nachdenke. Ist es gerecht, wenn alle Kinder zur gleichen Zeit ins Bett müssen? Wäre es nicht gerechter, wenn das ältere Kind noch etwas länger aufbleiben dürfte? Was aber, wenn das ältere Kind bedeutend mehr Schlaf braucht als das jüngere?

Spätestens ab der Mittelstufe kommt in den meisten Familien die Frage nach der Belohnung von guten Noten auf. Einen «5-lieber» (5 Franken Stück) für einen 6er (Bestnote) war vor ein paar Jahren schon eher im unteren Segment. Was aber, wenn das eine Kind ohne Aufwand einen 6er nach dem anderen macht, und das andere Kind mit viel Lernen einen 5er erreicht?

Die Adventszeit steht vor der Tür, und manch ein Kind wird mit einem Adventskalender überrascht. Was machen wir als Eltern aber nun, wenn das eine Kind von seinem Gotti (Patentante) einen Adventskalender bekommt und das andere nicht?

Gar nicht so einfach, diese Sache mit der Gerechtigkeit…

Vor ein paar Jahren führte ich mit meinen Kindern ein interessantes Gespräch zu diesem Thema. Wir stellten zusammen fest, dass es nicht nur in der Familie, sondern auf der ganzen Welt sooo viele Ungerechtigkeiten gibt. Und dass Gerechtigkeit ganz oft auch relativ ist. Wir zählten einige Beispiele auf, wo Gerechtigkeit auch gar keinen Sinn ergibt: Wenn ich als Mama zum Beispiel für jedes Kind die gleiche Süssigkeit mitbringe, würde man meinen das sei gerecht. Was aber, wenn das eine Kind diese Süssigkeit gar nicht mag?

So kamen wir zum Schluss, dass wir als Eltern unsere Kinder lieben und dafür besorgt sind, dass die Bedürfnisse eines jeden einzelnen Kindes erfüllt werden. Und so unterschiedlich wie wir alle sind, so unterschiedlich sind auch unsere Bedürfnisse und deren Erfüllung. Und diesen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, ist doch schlussendlich auch wieder… gerecht…?

Angela Indermaur