Sternschnuppe aus dem Beratungsalltag

Kürzlich fragte mich eine verzweifelte Mama um Rat: «Mein Kind (2) ist so unglaublich anhänglich, sie möchte ständig bei mir sein, getragen werden, sie ruft ständig nach mir. Mir wird das alles zu viel! Was kann ich tun, damit sie auch wieder einmal allein in ihrem Zimmer spielt?»

Ich habe ein bisschen nachgefragt, und dabei herausgefunden, dass das kleine Persönchen gerade einige Entwicklungsschritte hinter sich hatte. Die Sprache habe sich zum Beispiel fast explosionsartig entwickelt in den letzten Wochen.

Solche Entwicklungsschritte sind für unsere Kleinkinder auch Schritte in Richtung eigener Persönlichkeit, Schritte in Richtung grosse, weite Welt. Und so großartig das auch ist, es alarmiert das Kind gleichzeitig auch. Das Bewusstsein entwickelt sich und es fühlt sich so an, als sei die Nähe zu den Eltern bedroht.

Dieses verstärkte Streben nach Nähe ist die Folge davon. Das kindliche Gehirn möchte sich versichern, dass noch genug Nähe und Bindung da ist.

So war mein Rat an jene Mama, sie soll ihrem Kind mehr Nähe geben, als es einfordert, und vor allem BEVOR es eingefordert wird. Damit kann sie dem Kind zeigen, dass genug da ist und das wird den Bindungshunger sättigen.

Um dies tun zu können ist es aber auch wichtig, dass die Mamas für sich selbst sorgen. Dass sie Zeiten und Orte haben, an denen sie zur Ruhe kommen und auftanken können. Keiner kann immer nur anbieten und geben.

Nur wenige Tage später schrieb diese Mama mir: «Zugegeben ich war etwas skeptisch. Aber in meiner Verzweiflung hab ich es ausprobiert und tatsächlich! Wir haben wieder viel mehr Ruhe im Familienalltag, es passt einfach wieder!»

Erstaunlich, was ein «Wollen wir noch zusammen auf dem Sofa ein Buch anschauen?» oder «Komm zu mir, ich trag dich noch bis zum Auto!» auslösen kann, oder?

Angela Indermaur